Das Energieeffizienzgesetz: Die wichtigsten Neuerungen im Überblick
28.09.2023
Nach intensiven Debatten hat der Bundestag am 21.09.2023 das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) verabschiedet. Ziel dieses Gesetzes ist es, den Vorgaben der jüngsten Novelle der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) Rechnung zu tragen. Es definiert nationale Energieeffizienzziele und bestimmt konkrete Effizienzmaßnahmen für den öffentlichen Sektor und Unternehmen. Ein signifikantes Merkmal des EnEfG ist die erstmalige Festlegung von Effizienzstandards für Rechenzentren.
Im folgenden Artikel beleuchten wir die wichtigsten Punkte des EnEfG.
Die wichtigsten Regelungen
1. Festlegung nationaler Energieeffizienzziele
Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) formuliert Ziele zur Verringerung sowohl des Primär- als auch des Endenergieverbrauchs in Deutschland bis zum Jahr 2030. Der Primärenergieverbrauch umfasst die gesamte aus natürlichen Quellen gewonnene Energie vor ihrer Umwandlung, wie bei der Stromerzeugung. Endenergie ist die letztlich verfügbare Energie nach Abzug aller Umwandlungs- und Übertragungsverluste, z. B. der Strom aus der Steckdose oder erzeugte Heizwärme.
Gemäß dem EnEfG soll bis 2030 der Primärenergieverbrauch im Vergleich zu 2008 um 39,3 % und der Endenergieverbrauch um 26,5 % reduziert werden. Dies entspricht einer Gesamtreduktion des Endenergieverbrauchs um etwa 500 TWh gegenüber dem aktuellen Niveau.
Bis 2045 wird eine Reduzierung des Endenergieverbrauchs um 45 % angestrebt. Allerdings sind die Ziele für 2030 bis 2045 nicht verbindlich. Zudem hat der zuständige Bundestagsausschuss die langfristigen Primärenergieziele aus der Beschlussempfehlung gestrichen.
2. Energieeinsparverpflichtungen für Bund und Länder
Ab dem Jahr 2024 sind sowohl der Bund als auch die Länder verpflichtet, gezielte Energieeinsparmaßnahmen umzusetzen. Konkret bedeutet dies für den Bund, bis zum Jahr 2030 eine jährliche Endenergieeinsparung von 45 TWh zu erreichen. Die Länder hingegen sind angehalten, eine jährliche Einsparung von 3 TWh zu erzielen.
Diese Vorgaben sind als Selbstverpflichtung der Politik zu verstehen und legen nicht direkt individuelle Einsparanforderungen für Unternehmen fest. Sie basieren auf einem Mix von Maßnahmen, von strengeren Bau- und Gerätestandards bis zu Förderprogrammen und Bildungsinitiativen, wobei alle über die Mindeststandards der EU hinausgehen müssen.
3. Einsparverpflichtungen öffentlicher Stellen
Um ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden, soll die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen. Öffentliche Stellen mit einem durchschnittlichen Gesamtenergieverbrauch von mindestens 3 GWh oder mehr müssen bis zum 30. Juni 2026 ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einrichten. Liegt der Verbrauch bei 1 bis 3 GWh, reicht ein vereinfachtes Energiemanagementsystem.
Generell sind öffentliche Stellen mit einem Gesamtenergieverbrauch von 1 GWh oder mehr dazu verpflichtet, ihren Endenergieverbrauch bis 2045 jährlich um 2 % zu reduzieren. Die konkrete Auswahl und Durchführung der zur Erreichung dieses Ziels notwendigen Maßnahmen liegen in der Verantwortung der öffentlichen Einrichtungen von Bund und Ländern selbst.
4. Einführungspflicht von Managementsystemen für energieintensive Unternehmen
Gemäß dem EnEfG werden Unternehmen, die einen hohen Energieverbrauch aufweisen, dazu verpflichtet, ein Energie- oder Umweltmanagementsystem zu implementieren. Im ursprünglichen Entwurf betraf dies Unternehmen mit einem Gesamtenergieverbrauch von 15 GWh. Dieser Wert wurde in der finalen Beschlussempfehlung auf 7,5 GWh halbiert.
Das EnEfG formuliert dabei einige Anforderungen, die von dem Energie- bzw. Umweltmanagementsystem zu erfüllen sind. Besonders in Bezug auf die Erfassung und den Umgang mit Abwärme werden spezifische Vorgaben gemacht. Zudem müssen die identifizierten Maßnahmen gemäß der Norm DIN EN 17463 (VALERI) auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft werden.
Unternehmen mit einem Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh müssen für alle wirtschaftlichen Energiesparmaßnahmen innerhalb von drei Jahren „konkrete, durchführbare“ Umsetzungspläne erstellen und veröffentlichen. Als wirtschaftlich gelten dabei entsprechend der DIN EN 17463 alle Maßnahmen, die sich innerhalb von maximal drei Jahren rentieren.
Die Entscheidung über die tatsächliche Umsetzung der als wirtschaftlich identifizierten Effizienzmaßnahmen bleibt jedoch bei den Unternehmen selbst. Eine Umsetzungspflicht, wie sie etwa § 4 der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) vorsieht, gibt es nicht.
5. Anforderungen an Rechenzentren in Bezug auf Energieeffizienz und Abwärmenutzung
Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) stellt erstmalig spezifische Anforderungen an die Betreiber:innen von Rechenzentren. Diese Regelungen sind in den vergangenen Monaten viel diskutiert und immer wieder verändert worden. So greifen die Bestimmungen des EnEfG nur noch für Rechenzentren mit einer Nennanschlussleistung von 300 kW – im ursprünglichen Entwurf lag die Schwelle noch bei 200 kW. Außerdem wurden Netzknoten von den Bestimmungen ausgenommen.
Vorgaben zur Energieverbrauchseffektivität
Ein zentraler Punkt ist die Einführung von Energieeffizienzstandards für Rechenzentren. Neu errichtete Rechenzentren müssen je nach Inbetriebnahmedatum spezifische Energieverbrauchseffektivitätswerte (Power Usage Effectiveness: kurz PUE) aufweisen.
Für Rechenzentren, die vor dem 1. Juli 2026 in Betrieb genommen wurden, sind die PUE-Werte ab dem 1. Juli 2027 auf 1,5 und ab dem 1. Juli 2030 auf 1,3 festgelegt. Hingegen müssen Rechenzentren, die ab dem 1. Juli 2026 ihren Betrieb starten, einen PUE-Wert von 1,2 einhalten.
Vorgaben zu Strom aus erneuerbaren Quellen
Darüber hinaus müssen große Rechenzentren künftig einen signifikanten Anteil ihres Stroms aus erneuerbaren Energien beziehen. Ab dem 1. Januar 2024 sind es 50 % und ab dem 1. Januar 2027 sogar 100 %.
Die Stromlieferung aus erneuerbaren Quellen muss nur bilanziell nachgewiesen werden. Das heißt, der tatsächliche erneuerbare Strom muss nicht direkt ins Rechenzentrum fließen, solange der Betreiber belegen kann, dass er einen entsprechenden Anteil erneuerbarer Energie erworben hat, z. B. durch Ökostromzertifikate oder eigene Investitionen.
Vorgaben zum Umgang mit Abwärme
Zudem enthält das EnEfG konkrete Anforderungen zum Umgang mit der entstehenden Abwärme für ab dem 1 Juli 2026 in Betrieb genommene Rechenzentren. So soll ein Teil der Abwärme als Energie wiederverwertet werden
- ab 1. Juli 2026: 10 %
- ab 1. Juli 2027: 15 %
- ab 1. Juli 2028: 20 %
Das EnEfG formuliert allerdings einige Bedingungen, die Rechenzentren von der Pflicht zur Wiederverwendung der Wärmeenergie entbinden, so zum Beispiel, wenn zwischen dem Rechenzentrum und bspw. einer Gemeinde eine Vereinbarung zur Abwärmenutzung vorliegt.
Vorgaben zum Umgang und zur Veröffentlichung von Daten
Rechenzentren sind zudem dazu angehalten, relevante Daten in einem Energieeffizienzregister der Bundesregierung zu dokumentieren, welches später in eine EU-weite Datenbank für Rechenzentren einfließen soll. Die Kontrolle dieser Bestimmungen fällt unter die Aufsicht der beim BAFA beheimateten Bundesstelle für Energieeffizienz.
Schließlich müssen Rechenzentren, die Services für Dritte (also Kund:innen) anbieten, ab dem 1. Januar 2024 den jeweiligen Kund:innen den spezifischen jährlichen Energieverbrauch offenlegen.
6. Umgang mit Abwärme in Produktionsprozessen
Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) macht Vorgaben bezüglich der Abwärme aus Produktionsprozessen für Unternehmen mit einem durchschnittlichen Gesamtenergieverbrauch von mindestens 2,5 GWh. Das primäre Ziel ist die Vermeidung von Abwärme. Wenn deren Entstehung jedoch nicht verhindert werden kann, wird die Nutzung dieser Abwärme gefordert – sofern dies „möglich und zumutbar“ ist.
Welche Formen von Abwärme vermieden bzw. genutzt werden müssen, wird durch die Beschlussempfehlung nicht genau definiert. Berücksichtigt werden sollen neben dem „Stand der Technik“ gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments auch „technische, wirtschaftliche und betriebliche Belange“.
Um den Überblick über Abwärmepotenziale in Unternehmen zu verbessern, wird eine neue Plattform eingeführt. Diese dient dazu, Informationen zentral zu bündeln und öffentlich bereitzustellen. Damit verbunden ist auch eine Auskunftspflicht der Unternehmen. Auf Anfrage von potenziell wärmeabnehmenden Unternehmen müssen sie unter anderem die jährliche Wärmemenge, die maximale thermische Leistung und die zeitliche Verfügbarkeit der Wärme angeben.
Bewertung und Ausblick
Das Echo auf das EnEfG fällt gemischt aus. Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) begrüßt grundsätzlich die Verabschiedung des Gesetzes, kritisiert aber zugleich, dass die ursprüngliche Fassung des Gesetzes stark verändert und aufgeweicht worden sei und den Vorgaben der EU-Energieeffizienzrichtlinie nicht mehr gerecht werde. Eine ähnliche Befürchtung äußert auch das Umweltinstitut München.
Bitkom, der Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche, lobt demgegenüber vor allem die Tatsache, dass Netzknoten nicht als Rechenzentren gelten. Zugleich kritisiert er aber die Verschärfung der Energieverbrauchseffektivität als „praxisfern“.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hingegen hat den Gesetzesentwurf bereits im Juni als eine „Bedrohung der deutschen Erfolgsstory“ bewertet und fürchtet, dass die Nachweis- und Offenlegungspflichten die Unternehmen stark belasten, aber keinen nennenswerten Vorteil bringen würde.
Insgesamt bleibt festzuhalten: Energieintensive Unternehmen, Rechenzentren und öffentliche Einrichtungen stehen vor neuen und strengeren Anforderungen. Es ist zu erwarten, dass die zum Teil recht allgemein gehaltenen Formulierungen des Gesetzes durch detailliertere Vorgaben ergänzt werden. Nichtbefolgen, etwa durch mangelnde Einführung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems, kann zu hohen Bußgeldern führen. Es ist daher essenziell, die Anforderungen des EnEfG genau zu verstehen und korrekt umzusetzen.